140 Jahre Lion Feuchtwanger – das Jubiläum!

„Das einzige Mittel, die Welt zu verändern, ist, sie zu erklären. Erklärt man sie plausibel, so ändert man sie auf stille Art, durch fortwirkende Wirkung“, schrieb Lion Feuchtwanger in seinem Buch Erfolg. Er kam an einem Montag (7. Juli 1884) in der Residenzstadt München zur Welt. Die Zeitungen berichteten über einen Bundesratsbeschluss über Steuerregelungen rund um Würfelzucker. Dieses Jahr steht ganz im Zeichen seines 140. Geburtstags. Nicht nur in seiner Geburtstag München wird an sein vielfältiges Werk erinnert.

Am St. Anna-Platz lebte die Familie Feuchtwanger von 1889-1900.

Im Münchner Stadtteil Lehel verbrachte Feuchtwanger seine Kindheit

Es gibt keinen Stadtteil Münchens, der eine engere Verbindung zum Schriftsteller Lion Feuchtwanger hat, als das Lehel. Hier hat er seine Kindheit und Jugend verbracht. Bis Mitte der 1920er Jahre gibt es zwölf Wohnadressen Feuchtwangers in München, die meisten im Lehel.

Der Vater von Lion Feuchtwanger, Sigmund Aaron Meir Feuchtwanger, übernahm die Margarinenfarbrik, die sein Vater Mitte des 19. Jahrhunderts in der Grillparzerstraße eröffnet hatte. Im Jahr 1883 heiratete Sigmund Aaron Meir die Darmstädterin Johanna Bodenheimer. Ihr Vater, Herz Naftalie Bodenheimer, importierte für sein Kolonialwaren- und Getreidegroßhandlung in der Rheinstraße 26 vor allem Kaffee. Diesen verarbeitete Herz Bodenheimer, der Gründungsmitglied der israelitischen Religionsgesellschaft Darmstadt war und den Bau der Synagoge forcierte, in einer eigenen Rösterei weiter.

Unweit vom Ostbahnhof war die Margarinenfabrik Neumann & Feuchtwanger, die sein Vater Sigmund Aaron Meir führte.

Im Juni 2024 wurde ein Platz im Münchner Stadtteil Lehel nach Feuchtwanger benannt. Unweit hiervon, in der Thierschstraße 14, lebte Feuchtwanger von 1915 bis 1917. Gegenüber (Thierschtraße 9) befindet sich das Geburtshaus von Feuchtwanger.

Es kann nur spekuliert werden, ob dieser familiäre Hintergrund die Ursache ist, für seine zahlreichen Kaffeesätze in den Büchern von Lion Feuchtwanger.

  1. Jud Süß
  2. Erfolg
  3. Exil
  4. Geschwister Oppermann
  5. Der Teufel in Frankreich

Nach dem Abitur am Münchner Wilhelmsgymnasium (Foto links) begann er 1904 sein Studium an der LMU München. Seine Dissertation über Heinrichs Heine „Der Rabbi von Bascherach“ schloss er 1907 mit „magna cum laude“ ab.

Feuchtwanger wollte von Anfang an Schriftsteller werden und hatte kein Interesse in die einträgliche Margarine-Fabrik seiner Eltern einzusteigen. Bevor er seinen internationalen Durchbruch hatte Feuchtwanger mit seinem Buch (1925) „Jud Süß“, arbeitete er als Journalist und Dramatiker an den Münchner Kammerspielen.

Judentum und Feuchtwanger

Bereits als Junge löst sich Feuchtwanger von der jüdischen Orthodoxie. In seinen Essays, Romanen, journalistischen Artikel vergisst er nie seine jüdische Herkunft, um das geistige Fundament des Judentums zu deuten und zu hinterfragen.

Feuchtwanger ging als deutscher Aufklärer sehr selbstbewusst mit dem Judentum um.

In der 1933 mit Arnold Zweig herausgegebenen Streitschrift „Aufgabe des Judentums“ schrieb Feuchtwanger: „Ich bin ein deutscher Schriftsteller. Mein Herz schlägt jüdisch. Mein Denken gehört der Welt.“

In seinen Werken beschäftigt er sich immer wieder mit dem Antisemitismus. Er ist ein Chronist dieses historischen Dauerphänomens, das in seinen Werken die Zeiträume Spätantike, Mittelalter, Aufklärung und das „Dritte Reich“ umfasst – von der Josephus-Triologie über „Die hässliche Herzogin“ und „Jud Süss“ bis hin zur Wartesaal-Triologie „Erfolg“, „Die Geschwister Oppermann“ und „Exil“.  Über seine drei Josephus-Romane schrieb er einmal: „Den Zentralpunkt dieser Trilogie bildet das Problem: Jude oder Weltbürger“.

Feuchtwanger in der Weimarer Republik

Als der Journalist und Herausgeber der Zeitschrift „Die Weltbühne“, Carl von Ossietzky, seine 18-monatige Haftstrafe in Berlin am 10. Mai 1932 wegen Landesverrats – er hatte die illegale Aufrüstung der Reichswehr aufgedeckt – antrat, war Feuchtwanger dabei. Viele weitere Künstler und Schriftsteller wie Erich Kästner, Hermann Kesten oder Heinrich Mann begleiteten von Ossietzky zum Tor des Tegeler Strafanstalt. Sie prangerten nicht nur das Aushöhlen der Demokratie in der Weimarer Republik durch die Regierungsparteien an, sondern zeigten vor allem Solidarität mit dem Journalisten von Ossietzky, der kritisch die Politik und die nationalistischen Feinde der Republik unter die Lupe nahm

Das nationalsozialistische Deutschland und der Schriftsteller

Im August 1933 veröffentlichten die nationalsozialistische Regierung eine Ausbürgerungsliste mit 33 Namen. Auf dieser stand neben Lion Feuchtwanger noch die Autoren Heinrich Mann, Alfred Kerr, Kurt Tucholsky und der Politiker Philipp Scheidemann. Seine Berliner Wohnung wurde verwüstet, seine Bücher verbrannt. Fraglich bleibt, ob die Ludwig-Maximilians-Universität im vorauseilenden Gehorsam ihm die im Jahr 1907 erworbene Doktorwürde

aberkannte – im „Verzeichnis über die von der Universität München entzogenen Doktorwürden“ gibt es keinen Vermerk. Nach der Verordnung des Reichserziehungsministeriums (REM) vom 16. Dezember 1936 hätte die Universität den Doktortitel entziehen müssen.

Im Sommer 1933 floh Feuchtwanger in das südfranzösische Städtchens Sanary-sur-Mer. Der Philosoph Ludwig Marcuse nannte dieses Fischerdörfchens „Hauptstadt der deutschen Literatur“.

In Frankreich wurde Feuchtwanger zweimal inhaftiert und im Internierungslager Les Milles bei Aix en Provence gefangen gehalten. Über diese Zeit schrieb er das Buch „Der Teufel in Frankreich“, das erstmalig 1954 erschien und im Jahr 2018 als Neuauflage im atb – Aufbau-Verlag auf den Markt kam. Als Feuchtwanger mit der Häftlingsnummer 187 zum zweiten Mal am 21. Mai 1940 im Gefangenenlager interniert wurde, war er 55 Jahre alt. Feuchtwanger schrieb: „Die Internierung so vieler Leute, die sich einwandfrei als erbitterte Gegner der Nazis erwiesen hatten, war eine dumme, ärgerliche Komödie.“

Wohnung in der Georgenstraße in München-Schwabing

Wegen des Antisemitismus in München verließ Feuchtwanger seine Geburtsstadt München. Mit seiner Ehefrau Marta lebte der Schriftsteller von 1918 bis 1925 in der Georgenstraße 24 (siehe Foto) im dritten Stock. Diese Wohnung wurde zu einem beliebten Treffpunkt von Künstler und Schriftsteller. Bert Brecht, Heinrich Mann, Frank Wedekind oder Erich Mühsam waren häufig Gast bei Feuchtwangers.

Im Folgenden ein Überblick über die Kaffeesätze im Werk von Lion Feuchtwanger. 

Jud Süss

Erfolg

Exil

Die Geschwister Oppermann

Der Teufel in Frankreich